A2: Hypokaliämie

Hintergrund:  Eine Hypokaliämie wird im klinischen Alltag sehr häufig angetroffen und findet sich in bis zu 20% der stationären Patienten. Kalium stellt das wichtigste intrazelluläre Kation dar (98% des totalen Kaliums wird intrazellulär gespeichert) und ist an der Aufrechterhaltung des Membranpotentials und der Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichtes beteiligt. Obwohl dieintestinale Aufnahme von Kalium in Abhängigkeit der Ernährung stark variiert, wird über Regulationsmechanismen die extrazelluläre Kaliumkonzentration zwischen 3.5 – 5.0 mmol/liter konstant gehalten – die Niere spielt zur Aufrechterhaltung des normalen Kalium-Blutspiegels eine zentrale Rolle.

Mit diesen pathophysiologischen Überlegungen können zwei wichtige Gründe für das Entwickeln einer Hypokaliämie einfach hergeleitet werden: intestinale Problematik (Diarrhö, Erbrechen (Verlust von Magensaft), Mangelernährung) oder eine renale Problematik (entspricht einer Unmöglichkeit zur Kaliumkonzentration, d.h. Kaliumverlust im Urin > 2 mmol/mmol). Während die Gründe einer intestinalen Problematik klar ersichtlich sind, gibt es für die renale Problematik (das heisst für die Unmöglichkeit der Kaliumrückresorption) verschiedene Differentialdiagnosen: 

  • Medikamentös:
    • Diuretika, Amphotericin B, Cisplatin u.a.
    • Penicillin (nicht resorbierbare Anionen)
  • Hyperaldosteronismus (führt zur Natriumresorption und Kaliumverlust)
  • Renal-tubuläre Azidose (RTA)
  • Magnesiummangel (Magnesium inhaliert die renale Kaliumverlust)
  • etc.

Ein weiterer Grund für eine Hypokaliämie kann ein transzellulärer Shift sein, verursacht zum Beispiel durch Insulin oder durch Veränderungen im Säurebasehaushalt (SBH): Eine Azidose führt zu einer Hyperkaliämie, eine Alkalose zu einer Hypokaliämie(pH  ↑ =Kalium ↓ und vice versa).

Der SBH bringt uns zur Frage, wie eine Hypokaliämie substituiert wird: Es ist nicht der Applikationsweg der entscheidet, ob Drag oder Effervetten eingesetzt werden: Kaliumcitrat bzw. Kaliumhydrogencarbonat (Effervetten) wirken alkalisierend – dh. Effervetten werden nur bei einer Azidose (zum Beispiel Hypokaliämie bei Durchfall) eingesetzt, ansonsten kann der alkalinisierende Effekt der Korrektur entgegenwirken. Weil eine Azidose kombiniert mit einer Hypokaliämie die Ausnahme darstellt, sollte primär die orale Substitution mittels KCL-Drag erfolgen. Ist dies via Magensonde nicht möglich, gibt es einen Trick: KCl–Ampullen 1:1 verdünnen und per Sonde verabreichen. Und nicht vergessen: immer eine allfällige Hypomagnesiämie mitbehandeln.

Und aus aktuellem Anlass: Eine Hydroxychloroquin (COVID-19-Therapie) – Intoxikation kann auch zu einem Shift und damit zu einer Hypokaliämie führen.

Engramm: Kalium – Effervetten alkalinisieren und können so der Korrektur der Hypokaliämie entgegenwirken. Es gilt: KCl-Drg (oder KCl-Amp) sind zu bevorzugen. Der SBH entscheidet (pH  ↑ = Kalium ↓ und vice versa) über die Art der Substitution – nicht die Applikationsart (Eff oder Drag). Und nicht vergessen: immer eine allfällige Hypomagnesiämie ausgleichen.

Elisabeth Weber & Lars C. Huber