Der Borreliose auf den Leim gegangen

Eine „Borreliose“ wird zu häufig gesucht, zu oft diagnostiziert, zu häufig behandelt.

Diese retrospektive Studie zeigt: bei den meisten Patient*Innen bestätigt sich der Verdacht nicht. Konkret wurden 1261 Patient*Innen mit diffuser, chronischer Symptome zum Ausschluss einer Borreliose zugewiesen. In 84% der Fälle (bei 1061 Patient*Innen) konnte die Diagnose nicht verifiziert werden.

Wichtig: Bei immerhin 65% der Fälle (d.h. bei 690 Patient*Innen) konnte eine alternative Diagnose gestellt werden. Möglicherweise wird bei diesen Neudiagnosen der Anteil infektiöser Entitäten (3%) unter dem Aspekt der Pandemie noch zunehmen. Stichwort: Long-COVID!

Abbildung 2 aus dem besprochenen Artikel

So oder so: Die überdurchschnittlich lange Latenz von Symptomentwicklung bis zur Diagnosestellung (796 Tage!) ist ein wichtiger Indikator für overdiagnosis und overtreatment. Der frühzeitige Ausschluss anderer – potentiell behandelbarer Entitäten – in der Annahme einer Borreliose ist gefährlich. Dieser Ansatz führt zudem zu einem übermässigen Gebrauch nicht-indizierter Antibiotika.

Konklusion: Bei unklarer und diffuser Symptomatik ist es meistens KEINE Lyme-Borreliose!

Verfasst von:
Lars C. Huber

Lars C. Huber ist Internist und Pneumologe. Als Kaderarzt war er im Spital Lachen und im UniversitätsSpital Zürich tätig. Heute leitet Lars C. Huber das Departement Innere Medizin im Stadtspital Waid & Triemli und ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Standort Triemli in Zürich.

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