Einer Anämie auf der Spur

Vignette

Auf der Visite wird ein 40-jähriger Patient mit neu diagnostizierter Leberzirrhose (Child C) besprochen. Anamnese und bisherige Abklärungen inkl. Leberbiopsie weisen auf eine äthyltoxische Genese hin. Klinisch zeigt sich eine akute Dekompensation mit Ikterus, Aszites und Steatohepatitis.

Sorgen bereitet Ihnen das Blutbild (siehe Tabelle): in den vergangenen Tagen hat sich eine transfusionspflichtige Anämie ausgebildet. Blutungsstigmata bestehen nicht, die Substrate liegen im Normbereich.

Was ist Ihre Verdachtsdiagnose?

Im Blutbild finden sich Zeichen einer zunehmenden Hämolyse: steigende LDH und tiefes Haptoglobin – wobei letzteres aufgrund der hepatischen Synthesestörung nicht konvulsiv beurteilt werden kann. Ein Coombs-Test fällt negativ aus. Im mikroskopischen Differentialblutbild finden sich viele Akanthozyten und Stechapfel-Erythrozyten („Echinozyten“).

Synthese

Ein Zieve-Syndrom! Die Erythrozytendeformitäten kommen pathogenetisch vermutlich durch vermehrte Cholesterineinlagerungen in die Zellmembran zustande – was zu Instabilität und konsekutiver Hämolyse führt. Zur Trias – Leberzirrhose, Hämolyse – gehört eben auch die Hyperlipidämie. Das Labor in diesem Fall gibt Ihnen aber für die Lipide (Cholesterin, Trigylzeride) allerdings keine Werte an („hämolytisch“).

Original: Zieve L, Ann Intern Med, 1958

Das Auftreten eines Zieve-Syndromes mit hämolytischer Anämie (engl. Spur cells anemia) ist ein ungünstiger Prognosemarker, kurativ ist nur die Lebertransplantation.

Literatur

Zieve L, Ann Intern Med 1958; 48(3):471-96
Smith JA et al, N Engl J Med 1964; 271:396-98
Keyserling K, N Engl J Med 2018; 379:774

Verfasst von:
Lars C. Huber

Lars C. Huber ist Internist und Pneumologe. Als Kaderarzt war er im Spital Lachen und im UniversitätsSpital Zürich tätig. Heute leitet Lars C. Huber das Departement Innere Medizin im Stadtspital Waid & Triemli und ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Standort Triemli in Zürich.

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