Hypertonie im Spital

Im Rahmen einer Hospitalisation – mit Schmerzen, Installationen, Aufregung, Ungewissheit etc. – kommt es auch bei ambulant gut kontrollierten Blutdruckwerten häufig zu einer transienten Erhöhung der Blutdruckwerte. Ob eine Anpassung der Blutdruckmedikation in diesem Kontext sinnvoll ist, wird kontrovers diskutiert und war Gegenstand dieser grossen retrospektiven Kohortenstudie von Anderson et al.:

Die Autoren untersuchten annähernd 15’000 Registerdaten von internistischen Patienten, die aufgrund einer häufigen, nicht-kardialen Problematik hospitalisiert waren (i.e. Pneumonie, HWI, venöse Thromboembolie). Das Outcome von Patienten, bei denen eine Intensivierung der antihypertensiven Therapie erfolgte, wurde gegenüber denjenigen Patienten verglichen, bei denen eine exspektative Strategie verfolgt wurde.

Dabei fand sich eine signifikante Zunahme der Rehospitalisation und der notfallmässigen Vorstellung innerhalb 30 Tage nach Entlassung bei Patienten mit stattgehabtem Ausbau der antihypertensiven Medikation. Umgekehrt zeigten sich keine Unterschiede in der Mortalität, im kardiovaskulären Outcome und bei den Blutdruckwerten im Follow-up nach 12 Monaten – letzteres als möglicher Hinweis, dass die Medikation im ambulanten Setting durch Patient oder Hausarzt wieder auf die ursprüngliche Form und Dosis reduziert wurde. 

Shifting practice from intensifying antihypertensive regimens during hospitalization to communicating concerns about patients’ long-term blood pressure control to outpatient practitioners for close follow-up may provide a safer treatment path for patients.“…

Anderson TS, JAMA Intern Med 2019

Trotz den üblichen Limitationen einer retrospektiven Beobachtungsstudie und möglichen Confounders zeigt diese Arbeit einmal mehr: less might be more. Nicht alles was wir messen und behandeln können, muss auch behandelt werden.

Literatur

Anderson TS et al, JAMA Intern Med 2019 Aug 19 (epub ahead of print)

Verfasst von:
Lars C. Huber

Lars C. Huber ist Internist und Pneumologe. Als Kaderarzt war er im Spital Lachen und im UniversitätsSpital Zürich tätig. Heute leitet Lars C. Huber das Departement Innere Medizin im Stadtspital Waid & Triemli und ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Standort Triemli in Zürich.

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