Parallel zur vermehrten Nutzung von Computersystem und digitalen Krankengeschichten haben auch berufliche Unzufriedenheit und „Burnout-Rate“ der Ärzteschaft über die letzten Jahre zugenommen. Ein wesentlicher Faktor in dieser Entwicklung scheint dabei die Benutzerfreundlichkeit („Usability“) des jeweiligen Klinikinformationssystems zu sein.
„Usability is the extent to which a product can be used by specified users to achieve specified goals with effectiveness, efficiency and satisfaction in a specified context of use.”
Melnick ER, Mayo Clin Proc. 2019
Melnick und Koautoren haben diese Hypothese – konkret: den Zusammenhang der KIS-Benutzerfreundlichkeit und der Entwicklung eines „Burnout“ – untersucht. Für die Einschätzung der Usability wurde der SUS score (System usability scale) verwendet – und augenfällig sind die generell sehr tiefen Werte von Klinikinformationssystemen im Vergleich mit anderen Programmen oder technischen Geräten aus unserem Alltag (z.B. KIS << Excel << Word <<< Mikrowellenherd <<< Google Suche). Die entsprechenden KIS-Systeme werden dabei praktisch allesamt mit Grad „F“ und damit mit einer „nicht-akzeptablen“ Nutzerfreundlichkeit bewertet.
Auch wenn sich Unterschiede zwischen verschiedenen Settings, Lokalitäten oder einzelnen Disziplinen finden – der Trend ist eindeutig: die Usability der Klinikinformationssysteme hinkt weit hinter den meisten anderen Alltagstechnologien zurück.
Das wussten wir irgendwie schon – es bestätigt aber unsere täglichen Erfahrungen in einem grösseren Kontext. Neu aber ist: zwischen der Brauchbarkeit des KIS und der Burnout Rate scheint es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang zu geben: je unbrauchbarer das KIS, desto höher die Burnout Rate. Diese Daten haben auch im Sinne der längerfristigen Burnout-Prophylaxe unter der Ärzteschaft wichtige Implikationen für Spitalleitungen, medizinische Informatik und Softwareentwickler.
Literatur
Melnick ER et al, Mayo Clin Proc 2019; epub ahead o print