Kontrastprogramm Niere (II)

Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion stellt uns die Gabe von Kontrastmittel immer wieder vor Herausforderungen. Dies gilt sowohl für den Einsatz von Radiokontrast im Rahmen von CT-Untersuchungen oder angioinvasiven Eingriffen als auch für den Gebrauch von Gadolinium für MR-technische Bildgebungen. In Anbetracht des geringen absoluten Risikos ist unsere Angst vor Folgeschäden in beiden Fällen aber unverhältnismässig – und der Aufwand, den wir zur Prävention betreiben, ist ohne wissenschaftliche Evidenz und mit relevanten Kosten und unerwünschten Wirkungen verbunden.

„(we) may need to come to terms with our natural tendency to avoid errors of commission more assiduously than errors of omission.“

Maripuri JAMA Intern Med 2020
Gadolinium-Kontrast (MRI)

Ältere Formulationen von Gadolinium-Kontrast haben in seltenen Fällen zur Entwicklung einer nephrogenen systemischen Fibrose geführt: einer schweren, irreversiblen Fibrosierung von Haut und inneren Organen mit hoher Folgemorbidität.

Mit den heutigen Formulationen ist die Angst vor dieser Nebenwirkung aber unverhältnismässig: eine Metaanalyse mit fast 5000 Patienten fand eine gepoolte Inzidenz von 0% (!) für das Auftreten einer nephrogenen systemischen Fibrose. Das Risiko für diese schwere Komplikation ist damit extrem tief.

„Is Zero Good Enough?“ fragen die Editorialisten und stellen damit provokativ unsere Tendenz in Frage, eine Komplikation lieber durch Unterlassung als durch das Verordnen einer Untersuchung in Kauf zu nehmen – beide Handlungen aber setzen eine aktive Entscheidung voraus.

Bei entsprechender Indikationsstellung und damit einem diagnostischen Nutzen scheint es deshalb auch bei Patienten mit höhergradiger Niereninsuffizienz nicht gerechtfertigt, auf die Durchführung einer MRI-Untersuchung mit Gadolinium-basiertem Kontrast zu verzichten.

Literatur

  1. Martin DR et al, Radiology 2018; 286: 113–9
  2. Woolen  SA, JAMA Intern Med 2019; epub ahead of print
  3. Maripuri S, JAMA Intern Med. 2020; 180(2): 230-2 
Verfasst von:
Lars C. Huber

Lars C. Huber ist Internist und Pneumologe. Als Kaderarzt war er im Spital Lachen und im UniversitätsSpital Zürich tätig. Heute leitet Lars C. Huber das Departement Innere Medizin im Stadtspital Waid & Triemli und ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Standort Triemli in Zürich.

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