Pneumonie & Herzinsuffizienz

Pneumonia and heart failure: A fatal attraction

Die fatalen Wechselwirkungen von Pneumonie und Herzinsuffizienz sind mannigfaltig und hinlänglich bekannt. Die wichtigsten in Anlehnung an eine kürzlich publizierte Arbeit hier in Kürze: 

  • Mimikry einer Pneumonie durch eine akute Herzinsuffizienz
  • Triggerung einer akuten kardialen Dekompensation durch eine Pneumonie
  • Erhöhte Inzidenz von Pneumonien mit schlechtem Outcome bei herzinsuffizienten Patienten

Erstens: eine Herzinsuffizienz kann eine Pneumonie mimikrieren. Die damit einhergehenden laboranalytischen und radiologischen Veränderungen werden gerne auch als „Stauungspneumonie“ bezeichnet. In der klassischen Ausprägung finden sich bihiläre Transparenzminderungen im Thoraxröntgen – aufgrund des Verteilungsmuster deshalb auch der ironische Begriff der „Schmetterlingspneumonie“. Beide Begriffe sind allerdings irreführend: Antibiotika sind nicht indiziert. Atypische Verteilungsmuster sind allerdings häufig. Gut beschrieben und bei einer akuten Mitralklappeninsuffizienz nicht zu verpassen ist das unilaterale Lungenödem mit Prädilektion für den rechten Oberlappen.

Of note: Entzündungszeichen sind in dieser Konstellation häufig erhöht, bisweilen mit eindrücklichen Werten. Sie sind Ausdruck der kardialen Stauung, nicht eines infektiösen Geschehens.

Zweitens: das Vorliegen einer Pneumonie (und, in geringerem Ausmass, andere infektiöse Foci) können zu einer akuten kardialen Dekompensation führen und damit eine bestehende Herzinsuffizienz akut verschlechtern. Im Unterschied zu anderen Ursachen kardialer Dekompensationen (i.e. hypertensive Entgleisung, medikamentöse Maladhärenz, Tachyarrhythmie) ist die Überlebensrate von Herzinsuffizienzpatienten mit akuter, durch eine Pneumonie bedingte Verschlechterung deutlich reduziert: insbesondere im Akutsetting liegt die hazard ratio bei fast 3. Vergleichbar mit einem koronarischämischen Ereignis kumuliert sich die Sterblichkeit dieser Patienten in den ersten 3 Monaten nach Pneumonie auf rund 20%. 

Diese Assoziation beruht auf Gegenseitigkeit. Denn, und das ist der dritte Punkt, eine chronische Herzinsuffizienz ist ein relevanter Risikofaktor für das Entwickeln einer Pneumonie. Entsprechende Beobachtungen wurden in einer kürzlich publizierten Studie bestätigt (Shen et al, J Am Coll Cardiol 2021): In Patienten mit bekannter systolischer oder diastolischer Herzinsuffizienz fand sich eine signifikant erhöhte Inzidenz von Pneumonien. Im Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Episode einer Pneumonie waren alle untersuchten Studienendpunkte – Hospitalisationsrate, kardiovaskuläres Ereignis und all-cause Mortalität – erhöht, die Gesamtsterblichkeit um das Vierfache (!). Patienten mit HFrEF oder HFpEF waren von Inzidenz und Outcome gleichermassen betroffen.

Vor dem Hintergrund, dass die meisten Pneumonien viraler Genese sind, kommt aber auch in diesem Setting der Prophylaxe (Hygienemassnahmen, Vakzination gegen saisonale Influenza, SARS-CoV2, Pneumokokken) die grössere Bedeutung zu als eine grosszügige eingesetzte antibiotische Therapie.

Verfasst von:
Lars C. Huber

Lars C. Huber ist Internist und Pneumologe. Als Kaderarzt war er im Spital Lachen und im UniversitätsSpital Zürich tätig. Heute leitet Lars C. Huber das Departement Innere Medizin im Stadtspital Waid & Triemli und ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Standort Triemli in Zürich.

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